In wirtschaftlich schwierigen Zeiten stehen Unternehmen vor der Herausforderung, ihre Zahlungsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Häufig kommt dabei der Begriff „Insolvenz in Eigenverwaltung“ ins Spiel. Hier erfahren Sie, was es damit auf sich hat.
Was ist der Sinn der Insolvenz in Eigenregie?
Die Insolvenz ist für viele Unternehmen in Deutschland ein Schreckgespenst. Doch nicht immer bedeutet die Insolvenz, dass ein Unternehmen zerschlagen werden muss. In vielen Fällen bieten sich andere Möglichkeiten, die das Unternehmen und die Reputation der Geschäftsführung retten.
Die Insolvenz in Eigenverwaltung bietet unter anderem eine Möglichkeit, finanzielle Schwierigkeiten unter eigener Regie zu bewältigen und eine nachhaltige Sanierung des Unternehmens anzustreben.
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Vorläufige Insolvenz in Eigenverwaltung
Wenn das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet wird, behält der Schuldner die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen, da kein Insolvenzverwalter eingesetzt wird. Stattdessen bestellt das Insolvenzgericht einen Sachwalter, der die Aufsicht über den Schuldner übernimmt.
Diese Regelung gilt bereits während des Eröffnungsverfahrens, also dem Zeitraum zwischen dem Insolvenzantrag und der tatsächlichen Eröffnung des Verfahrens. In dieser Phase spricht man von vorläufiger Eigenverwaltung, in der ebenfalls ein vorläufiger Sachwalter vom Insolvenzgericht eingesetzt wird.
Bedeutung der Insolvenz in Eigenverwaltung
Eine Unternehmenskrise entsteht selten über Nacht. In den meisten Fällen gibt es im Vorfeld Anzeichen für eine herannahende wirtschaftliche oder finanzielle Krise.
Je früher Geschäftsführer und Gesellschafter die Anzeichen einer finanziellen Schieflage erkennen und Gegenmaßnahmen ergreifen, desto größer sind die Chancen, die Krise zu vermeiden oder – falls das nicht gelingt – sie erfolgreich zu bewältigen.

Oft beginnt dieser Prozess mit dem Versuch einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern. Sollte eine solche Lösung nicht (mehr) möglich sein, bietet die Insolvenz in Eigenverwaltung eine Option, das Unternehmen zu sanieren.
Die Interessen der Gläubiger werden durch einen Sachwalter gewahrt, der vom Gericht bestellt wird. Seine Aufgabe besteht darin, sicherzustellen, dass die Vorgaben der Insolvenzordnung eingehalten werden. In gewisser Weise fungiert der Sachwalter als Aufsichtsperson während des Verfahrens.
Voraussetzungen der Insolvenz in Eigenverwaltung
Voraussetzungen für eine Insolvenz in Eigenverwaltung beinhalten, dass der Schuldner bzw. das Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Zudem darf keine Gefährdung der Insolvenzmasse vorliegen. Das heißt konkret, die Geschäftsführung muss in der Lage sein, das Unternehmen effizient zu sanieren, ohne die Interessen der Gläubiger zu gefährden.
Für wen eignet sich die Insolvenz in Eigenverwaltung?
Das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eignet sich für Unternehmen, bei denen die Insolvenzreife – die Überschuldung und/oder Zahlungsunfähigkeit – eingetreten ist. Der Geschäftsführer eines Unternehmens kann grundsätzlich eigenständig den Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung stellen. Allerdings stellt das Gesetz hohe Anforderungen an diesen Antrag, weshalb eine professionelle Beratung unerlässlich ist.
Zudem wird das Gericht die Eigenverwaltung nur genehmigen, wenn der Geschäftsführer von einem erfahrenen Berater im Insolvenzrecht (Sachwalter) unterstützt wird. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Anordnung der Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen könnte. Gerne stehen Ihnen unsere Insolvenz Experten in schweren Zeiten zur Seite.
Drohende Zahlungsunfähigkeit
Eine drohende Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO liegt vor, wenn abzusehen ist, dass der Schuldner seine Zahlungspflichten zum Fälligkeitszeitpunkt voraussichtlich nicht erfüllen kann. Zur Beurteilung dieses Zustands wird ein Prognosezeitraum von 24 Monaten ab dem relevanten Stichtag herangezogen.
Diese Regelung ermöglicht es Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten, frühzeitig Sanierungsmaßnahmen unter dem Schutz des Insolvenzrechts einzuleiten und so die Chancen auf eine erfolgreiche Restrukturierung zu erhöhen. Es ist wichtig zu beachten, dass Unternehmen wie GmbHs, AGs oder GmbH & Co. KGs bei drohender Zahlungsunfähigkeit nicht verpflichtet sind, sofort einen Insolvenzantrag zu stellen.
Sie können zunächst versuchen, eine außergerichtliche Einigung mit ihren Gläubigern zu erzielen. Der Gesetzgeber legt vermehrt Wert darauf, Unternehmen zu erhalten und ihre Fortführung zu sichern. Wer frühzeitig auf strukturelle Probleme reagiert, kann von verschiedenen möglichen Optionen profitieren. Welche das sind, erklären wir Ihnen gerne in einem kostenlosen Erstgespräch.
Dauer der Insolvenz in Eigenverwaltung
Die Dauer einer Insolvenz in Eigenverwaltung variiert je nach individuellen Umständen und hängt von mehreren Faktoren ab, wie der Größe des Unternehmens, dem Vermögen, der Anzahl der Gläubiger und der Schuldenhöhe. Die Dauer des Insolvenzverfahrens kann sich daher über wenige Monate bis zu mehreren Jahren hinziehen, abhängig von der Komplexität des Falls.
Die Eigenverwaltung durchläuft mehrere Phasen, von der Antragstellung bis zur Unternehmenssanierung und der Beendigung des Verfahrens. Diese können unterschiedlich viel Zeit in Anspruch nehmen, je nach den spezifischen Bedingungen des Unternehmens.
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Die einzelnen Phasen des Insolvenzverfahrens
Das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung bietet Unternehmen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten, eine Chance, sich zu rehabilitieren. Dafür müssen folgende Abläufe und Phasen des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung streng eingehalten werden.
Antragstellung und vorläufige Eigenverwaltung
In dieser ersten Phase wird der Antrag gestellt und ein Sachwalter bestellt. Diese Phase dauert in der Regel einige Wochen.
Eröffnung des Verfahrens und Gläubigerversammlung
Innerhalb von etwa zwei Wochen nach der Eröffnung findet die Gläubigerversammlung statt, bei der der Insolvenzplan besprochen und der weitere Verlauf des Verfahrens festgelegt wird.
Umsetzung des Insolvenzplans und Sanierung
Die tatsächliche Umsetzung des Sanierungsplans kann abhängig von der Größe des Unternehmens, der Schuldenlast und der Anzahl der Gläubiger eine längere Zeit in Anspruch nehmen.
Faktoren, die die Dauer des Insolvenzverfahrens beeinflussen
Größe und Struktur des Unternehmens
Größere und komplexere Unternehmen können länger für die Sanierung benötigen.
Vermögen und Schulden
Die Höhe des Vermögens und der Schulden beeinflussen den Ablauf und die Länge des Verfahrens.
Anzahl der Gläubiger
Viele Gläubiger können die Verhandlungen und Abstimmungen verzögern, insbesondere bei komplizierten Strukturen.
Kooperationsbereitschaft
Die Zusammenarbeit aller Beteiligten ist entscheidend für den reibungslosen und zügigen Verlauf des Verfahrens.

Ablauf der Insolvenz in Eigenverwaltung
Zu Beginn prüft der Insolvenzrichter den Insolvenzantrag sowie den Antrag auf Eigenverwaltung. Er muss feststellen, ob ein Insolvenzgrund vorliegt, also ob Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gegeben ist.
Außerdem wird das Gericht das Eigenverwaltungsverfahren nur dann eröffnen, wenn das Vermögen des Unternehmens (die Insolvenzmasse) ausreicht, um die Verfahrenskosten zu decken.
Im sogenannten Eröffnungsverfahren, das den Zeitraum von der Antragstellung bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens umfasst, kann das Gericht bereits eine vorläufige Eigenverwaltung gemäß § 270a InsO anordnen. In dieser Phase bleibt das Unternehmen weiterhin unter der Kontrolle der Geschäftsführung. Das Gericht überprüft währenddessen, ob die Voraussetzungen für die Insolvenzeröffnung erfüllt sind.
Liegen die Voraussetzungen vor, wird das Eigenverwaltungsverfahren per Beschluss offiziell eröffnet. Genau wie bei einem regulären Insolvenzverfahren müssen auch im Eigenverwaltungsverfahren die Gläubiger ihre Forderungen innerhalb von drei Monaten nach Eröffnung des Verfahrens schriftlich anmelden – jedoch nicht beim Insolvenzverwalter, sondern zu Händen des Sachwalters.
Eigenregie der Insolvenz
Nach der vorläufigen Eigenverwaltung beginnt die Eigenregie mit den folgenden wichtigen Terminen:
Berichtstermin (erste Gläubigerversammlung)
Dieser Termin ist entscheidend für die Zukunft des Unternehmens und den weiteren Verlauf des Verfahrens. Die Geschäftsführung muss über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sowie die Ursachen der Krise berichten.
Es wird auch diskutiert, ob und in welchem Umfang das Unternehmen fortgeführt werden kann. Auf Basis dieses Berichts entscheidet die Gläubigerversammlung, ob das Unternehmen weitergeführt oder stillgelegt wird.
Prüfungstermin
Der Sachwalter überprüft die von den Gläubigern angemeldeten Insolvenzforderungen und entscheidet, ob diese in die Insolvenztabelle aufgenommen oder bestritten werden. Die Überprüfung und Entscheidung finden im Prüfungstermin vor dem Insolvenzgericht statt.
Abwicklungsphase
In der Regelinsolvenz setzt der Insolvenzverwalter die Beschlüsse der Gläubigerversammlung um, verwertet die Insolvenzmasse und tilgt die Forderungen der Gläubiger. Im Falle des Eigenverwaltungsverfahrens übernimmt das Unternehmen selbst diese Aufgaben. Dieser Prozess kann von einem halben Jahr bis zu mehreren Jahren dauern, abhängig von Faktoren wie der Größe des Unternehmens und dem vorhandenen Vermögen.
Schlussbericht, Schlusstermin und Schlussverteilung
Am Ende des Verfahrens reicht der Schuldner den Schlussbericht sowie die Schlussabrechnung beim Insolvenzgericht ein. Wenn keine Unklarheiten bestehen, setzt das Gericht einen Schlusstermin fest. In diesem Termin berichtet der Schuldner über den Verlauf der Eigenverwaltung und der Sachwalter nimmt dazu Stellung. Im Anschluss genehmigt das Gericht die Schlussverteilung der Insolvenzmasse.
Zunächst werden die Verfahrenskosten und sonstige Masseverbindlichkeiten beglichen, danach folgen die Insolvenzforderungen, also Ansprüche, die vor der Insolvenzeröffnung entstanden sind.
Nach der endgültigen Verteilung hebt das Gericht das Insolvenzverfahren auf. Der normale Geschäftsbetrieb kann wieder aufgenommen werden.
Vorteile der Insolvenz in Eigenverwaltung
Der entscheidende Vorteil der Eigenverwaltung liegt darin, dass die Geschäftsführung weiterhin die Kontrolle über das Unternehmen behält und während der Sanierungsphase handlungsfähig bleibt. Anders als bei der Regelinsolvenz wird hier kein Insolvenzverwalter eingesetzt.
Stattdessen übernimmt die Geschäftsleitung selbst die Verantwortung für die Sanierung – in vielen Fällen unterstützt durch einen Sanierungsexperten, den sogenannten Chief Restructuring Officer (CRO), der beratend und operativ zur Seite steht. Dies fördert das Vertrauen in eine professionelle Abwicklung des Verfahrens und steigert die Akzeptanz der Gläubiger.
In der Eigenverwaltung hat das Unternehmen die Möglichkeit, sich sowohl finanziell als auch operativ zu restrukturieren. Beispielsweise können langlaufende Verträge wie Miet- oder Leasingverträge mit verkürzten Kündigungsfristen beendet werden, wodurch finanzielle Spielräume entstehen.
Zudem erhalten die Mitarbeiter für bis zu drei Monate Insolvenzgeld als Ersatz für ihre Löhne und Gehälter. Bei der Insolvenz in Eigenverwaltung bleibt das wertvolle Know-how über Produkte und den Markt im Unternehmen erhalten, und wichtige Geschäftsbeziehungen müssen nicht mühsam neu aufgebaut werden.
Für Geldgeber und Kunden bietet die Eigenverwaltung zudem mehr Planungssicherheit im Vergleich zur Regelinsolvenz, da ein klarer Sanierungsweg vorgegeben ist – was das Verfahren für alle Beteiligten besonders attraktiv macht.
Wenn die Eigenverwaltung gut vorbereitet und strukturiert durchgeführt wird, kann das Unternehmen gestärkt aus der Krise hervorgehen.
Praktische Tipps zur Vorbereitung auf eine Insolvenz in Eigenverwaltung
Eine gründliche Vorbereitung ist entscheidend für den Erfolg der Eigenverwaltung. Dem Antrag auf Eigenverwaltung muss eine umfassende Eigenverwaltungsplanung beigefügt werden. Diese umfasst folgende Punkte:
- Einen Finanzplan für die kommenden sechs Monate.
- Ein Konzept zur Durchführung des Insolvenzverfahrens.
- Eine Übersicht über den Stand der Verhandlungen mit den Gläubigern.
- Einen Nachweis, dass die Erfüllung der insolvenzrechtlichen Pflichten gewährleistet ist.
- Einen Vergleich der Kosten der Eigenverwaltung im Verhältnis zu einem Regelinsolvenzverfahren.
Darüber hinaus muss das Schuldnerunternehmen erklären, ob es:
- bei bestimmten Gläubigern (z. B. Arbeitnehmer, Pensionäre, Finanzamt, Sozialversicherungsträger, Lieferanten) mit Zahlungen im Verzug ist
- in den letzten drei Jahren Sicherungsmaßnahmen nach der InsO oder dem StaRUG in Anspruch genommen hat
- in den letzten drei Geschäftsjahren die Offenlegungspflichten, insbesondere die Veröffentlichung von Jahresabschlüsse erfüllt hat
Bitte bedenken Sie, dass der Erfolg eines Verfahrens in Eigenverwaltung ohne professionelle Beratung und Begleitung erheblich gefährdet ist. Bevor Sie einen Berater auswählen, sollten Sie sich umfassend über dessen Referenzen informieren.
Nur Berater mit nachweislicher Erfahrung aus der Wirtschaft und dem Unternehmertum können den Erfolg des Verfahrens nahezu sicherstellen. Allein die Erfahrung als Insolvenzverwalter reicht in den meisten Fällen nicht aus. Mit professioneller Unterstützung kann Ihr Unternehmen jedoch vor dem Aus bewahrt werden.
Eigenverwaltungsverfahren vs. Schutzschirmverfahren
Das seit 2012 geltende Insolvenzrecht wird häufig mit dem Schutzschirmverfahren assoziiert. Außerdem herrscht das Missverständnis, dass eine Eigenverwaltung nur bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung möglich sei.
Ein Insolvenzverfahren unterteilt sich grundsätzlich in zwei Abschnitte.
- Insolvenzeröffnungsverfahren
- eröffnetes Insolvenzverfahren
Der erste Abschnitt dauert in der Regel zwei bis drei Monate. In dieser Zeit sind sowohl das Schutzschirmverfahren (§ 270 d InsO) als auch die vorläufige Eigenverwaltung (§ 270 b InsO) möglich. Das Schutzschirmverfahren kann nur eingeleitet werden, wenn keine Zahlungsunfähigkeit besteht, während die vorläufige Eigenverwaltung auch in diesem Fall möglich ist.
Zudem hat der Schuldner im Schutzschirmverfahren einige Vorteile, wie das Recht, seinen Sachwalter auszuwählen und dass Masseverbindlichkeiten vom Gericht genehmigt werden müssen. Allerdings sind die Nachteile erheblich: Tritt während des Verfahrens Zahlungsunfähigkeit auf, muss dies dem Gericht mitgeteilt werden, was negative Reaktionen der Gläubiger nach sich ziehen kann.
Zudem muss im Schutzschirmverfahren innerhalb von drei Monaten ein Insolvenzplan vorgelegt werden, während es in der vorläufigen Eigenverwaltung keine solche Frist gibt. Beide Verfahren sind als Insolvenzeröffnungsverfahren zu betrachten und erfordern die Antragstellung eines Insolvenzantrags. Das ursprüngliche Ziel des Gesetzgebers, das Schutzschirmverfahren als eigenständiges Sanierungsverfahren zu etablieren, wurde nicht erreicht.
In der Praxis wird das Schutzschirmverfahren daher nur noch in Ausnahmefällen verwendet; lediglich fünf Prozent aller Eigenverwaltungsverfahren sind solche Verfahren. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass die Eigenverwaltung in der Regel vorteilhafter ist als das Schutzschirmverfahren, besonders wenn Zahlungsunfähigkeit bereits eingetreten ist.